Tore statt Blumen: Thomas Tuchel durfte sich bei seinem Abschiedsspiel als Bayern-Trainer in der Allianz Arena über den erhofften Sieg freuen. Allerdings taugte das leicht und locker heraus gespielte 2:0 (2:0) in der Bundesliga gegen einen harmlosen VfL Wolfsburg am Sonntag nur bedingt dazu, bei Tuchel und den Münchner Stars den Champions-League-Frust von Madrid zu vertreiben.
Der 19 Jahre alte Startelf-Debütant Lovro Zvonarek (4. Minute) und Nationalspieler Leon Goretzka (13.) erzielten die Tore für das personell arg dezimierte Bayern-Team um Kapitän Manuel Neuer. Mit dem Erfolg verdrängte der Rekordmeister in der Tabelle den VfB Stuttgart wieder von Platz zwei.
Neuer, der große Unglücksrabe beim verpassten, neuen Wembley-Finale gegen Borussia Dortmund, verlebte vier Tage nach seinem folgenschweren Patzer beim 1:2 gegen Real Madrid ein weitgehend beschäftigungsloses 500. Bundesligaspiel. Nach 73 Minuten war für den 38 Jahre alten Nationaltorhüter Feierabend – ihn löste Bundesliga-Debütant Daniel Peretz im Tor ab.
Acht Wechsel in Bayern Münchens Startelf
Eine offizielle Verabschiedung von Tuchel vor dem Anpfiff gab es in der ausverkauften Arena überraschend nicht. Begründung: Es geht immerhin noch um die Vizemeisterschaft. Das Tuchel-Servus soll aber nach dem letzten Saisonspiel bei der TSG Hoffenheim „gebührend“ nachgeholt werden, wie der Stadionsprecher extra durchsagte. Dem 50-jährigen Tuchel wird es recht sein. Schon tags zuvor hatte er zu einer Abschiedszeremonie gesagt: „Für eine vorzeitige Vertragsauflösung ohne Titel braucht man keine Blumen zu übergeben.“
Tuchel hatte die Münchner im März 2023 als Nachfolger von Julian Nagelsmann übernommen und im Sommer des vergangenen Jahres die deutsche Meisterschaft als einzigen Titel gewonnen. In dieser Saison ging Tuchel mit dem FC Bayern leer aus. Der ursprünglich bis 2025 datierte Vertrag war im Februar vorzeitig zum Ende dieser Spielzeit aufgelöst worden. Wer Tuchels Nachfolger wird, ist weiter offen. Zuletzt war erneut über Ex-Coach Hansi Flick als möglichen Nachfolger spekuliert worden.
Verlassen werden den deutschen Rekordmeister wie erwartet Eric Maxim Choupo-Moting und Bouna Sarr nach knapp vier Jahren. Der 35 Jahre alte Stürmer Choupo-Moting konnte erkrankt nicht ins Stadion kommen. Er erzielte in 122 Spielen für die Münchner 38 Tore. Blumen gab es vor dem Anpfiff für den 32-jährigen Sarr, der in seinen knapp vier Jahren in 33 Pflichtspielen für die Münchner auflief. Der Senegalese war für rund acht Millionen Euro von Olympique Marseille zum FC Bayern gewechselt. Verabschiedet wurde vor dem Anpfiff auch Marketingvorstand Andreas Jung, der in diesem Sommer beim FC Bayern aufhört. Er arbeitete 28 Jahre für die Münchner.
Tuchel erklärte nach seinem letzten Heimspiel als Bayern-Trainer, warum er seine Mannschaft im Anschluss an das Duell gegen den VfL Wolfsburg nicht in die Fankurve begleitet hat. „Bitte da nichts reininterpretieren, wenn ich nicht in der Kurve war. Die Fans kommen ja nicht für den Trainer. Nein, ich bin nicht gerne da im Mittelpunkt. Das ist für die Mannschaft“, sagte er am Sonntagabend in der Pressekonferenz. „Es geht nie um mich, es geht immer um die Mannschaft. Sie soll da gefeiert werden“, sagte Tuchel.
Sportvorstand Max Eberl erklärte, warum Tuchel vom Verein noch nicht verabschiedet wurde: „Wir müssen ein bisschen unterscheiden. Bei Spielern ist es relativ normal. Dass Trainer bei Bayern München verabschiedet werden ohne Meisterschale, ist relativ unnormal. Normalerweise passiert das auf dem Platz mit der Meisterschale.“ Tuchel und er wären in einem Gespräch übereingekommen, dass es sich „nicht richtig“ anfühle. „Wir haben beide gesagt, wir machen es nicht heute. Wir werden es im gebührenden Rahmen nachholen.“
Tuchel erledigte lieber im Trainingsanzug seriös seinen Job am Spielfeldrand – und seine Spieler auf dem Rasen. Aber wer kickte da? Kein Kane, kein Musiala, kein Sané und auch kein Gnabry, die alle angeschlagen oder verletzt fehlten. Dier, de Ligt und Laimer saßen zudem ganz oder teilweise auf der Ersatzbank. Achtmal wechselte Tuchel nach Madrid.
Wolfsburg wartet seit 27 Spielen auf Sieg in München
Der ewige Thomas Müller führte eine blutjunge Offensive mit Mathys Tel, Winterzugang Bryan Zaragoza und Talent Zvonarek aus Bayerns Regionalliga-Mannschaft an. Und der junge Kroate wurde gleich mal bejubelt von den 75.000 Zuschauern. Einen Pass von Alphonso Davies ließ Müller geschickt passieren auf Zvonarek. Der 19-Jährige traf überlegt und platziert aus 15 Metern, der Ball prallte vom Innenpfosten ins Netz.
Gegen eine lasche Wolfsburger Mannschaft, die auch nach dem 27. Gastspiel weiter auf einen Sieg in München wartet, hatten die Bayern weiter leichtes Spiel: Flanke Zaragoza, Kopfball Zvonarek zu Müller, Ablage auf Goretzka – Tor. Alles wie im Training. Tor Nummer drei durch Zaragoza kassierte dann der Video-Assistent (18.). Danach plätscherte die einseitige Partie so dahin.
Und das auch nach dem Seitenwechsel. Bayern musste nicht mehr, Wolfsburg konnte und wollte nicht. Die Niedersachsen traten auf, als wären sie schon in der Sommerpause. Und Tuchel? Auf ihn warten noch ein paar Trainingstage und ein letztes Spiel als Trainer des FC Bayern. Aber dieses hätte er sich in London gewünscht – und nicht in Sinsheim.
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