K.o.-Wettbewerbe haben einen unvergleichbaren Reiz. Treffen zwei Konkurrenten im direkten Duell aufeinander, muss einer dran glauben. Gelegentlich siegt der Außenseiter. Siehe der 1. FC Saarbrücken gegen seine scheinbar übermächtigen Gegner in der diesjährigen DFB-Pokalsaison. Floskelhaft ausgedrückt: Der Pokal hat seine eigenen Gesetze.
In der Tenniswelt sind die vier Grand-Slam-Turniere die größten, schwierigsten und spektakulärsten Ausscheidungswettbewerbe. An deren Ende haben in jedem Einzelwettbewerb 127 Spielerinnen oder Spieler verloren. Darunter gelegentlich auch Branchenstars, die mit größten Erwartungen angereist waren, jedoch über Außenseiter stürzten. So etwas passiert bei den Tennisdamen häufiger als bei den Herren. Es sei denn, Iga Swiatek ist im Spiel.
„Ich liebe diesen Platz“
Als die Weltranglistenerste aus Polen am Samstagnachmittag um 16.20 Uhr ihren ersten Matchball verwandelte, hatte sie es also wieder geschafft: die nächste Herausforderin geschlagen, diesmal im Finale die Italienerin Jasmine Paolini mit 6:2, 6:1, und den dritten Titel in Roland Garros nacheinander gewonnen und den vierten überhaupt seit 2020.
Stand jetzt braucht es viel Phantasie, um sich in den Roland-Garros-Auflagen 2025 ff. eine andere Gewinnerin vorzustellen. Swiatek ist erst 23 Jahre alt. „Ich liebe diesen Platz“, sagte sie in ihrer Siegesrede, die stockender verlief als zuvor ihr Match.
Das Defilee war würdig: In Chris Evert und Martina Navratilova gaben sich bei Swiateks Siegerehrung zwei der größten Tennisdamen der Vergangenheit die Ehre, um ihre polnische Nachfolgerin zu würdigen. Hinter sich gelassen hat die Polin, die ihre Trophäe am Samstag stemmte und küsste wie beim ersten Mal, eine andere Championesse von früher: die Deutsche Steffi Graf hatte zwischen 1987 und 1989 in Roland Garros 20 Matches nacheinander gewonnen; Swiatek gelang am Samstag die laufende Nummer 21.
Anfangs flattern die Nerven
Ganz nebenbei hat noch nie eine jüngere Frau vier Roland-Garros-Titel gewonnen. Als sie vor dem Endspiel gefragt wurde, wie hoch ihr Level von Selbstvertrauen ist auf den Pariser Sandplätzen, hatte die 23-Jährige so knapp und klar wie möglich geantwortet: „Hoch.“ Noch Fragen?
Nur ungefähr zehn Minuten hatte es ausgesehen, als ob sich ein Finale unter annäherungsweise Gleichen entwickeln könnte. Obwohl in ihrem fünften Grand-Slam-Finale, hatte Swiatek anfangs ihre Nerven nicht im Griff. Sie leistete sich reihenweise Fehler, verlor ihr zweites Aufschlagspiel und lag unvermittelt 1:2 hinten. Paolini, Novizin in einem großen Finale, spielte so lange munter drauf los, wie die Polin sie ließ – also für die ersten zehn Minuten.
Was dann kam, war die übliche Swiatek-Mühle. Wie viele Kolleginnen zuvor, geriet auch die Italienerin mitten hinein und bekam nicht den Hauch einer Chance, sich daraus zu befreien. Die unerbittliche Weltranglistenerste gewann zehn Aufschlagspiele nacheinander bis zum Stand von 6:2, 5:0.
„Stolz auf mich“
Dann setzte sie einen Volley ins Aus – sie verlor das Spiel und Paolini gewann kurz ihr Lächeln zurück. Für ihre Punktgewinne, sogar gelegentlich am Netz, wurde Paolini vom Pariser Publikum bejubelt. „Hier gegen dich zu spielen, ist die größte Herausforderung in unserer Sportart“, sagte die Italienerin, die am Sonntag noch mit ihrer Landsfrau Sara Errani im Doppel-Finale steht, danach in Richtung Swiatek: „Ich bin stolz auf mich.“
Auf dem Weg zum erwarteten Triumph war Iga Swiatek im Turnierverlauf nur einmal kurz gestrauchelt, in der zweiten Runde, als sie gegen die Japanerin Naomi Osaka einen Matchball abwehren musste, ehe sie nach drei Sätzen weiterkam. Der Rest war Routine, bis zum Finale gegen Paolini, dem Überraschungsgast auf dem Court Philippe-Chatrier.
Immerhin konnte die 28-jährige Italienerin das Spielende auf 68 Minuten hinauszögern – und damit fast eine halbe Stunde länger als die Russin Anastasia Potapowa, mit der Swiatek im Achtelfinale in 40 Minuten kurzen Prozess gemacht hatte (6:0, 6:0). Zudem darf sich Paolini mit der Finalprämie in Höhe von 1,2 Millionen Dollar sowie mit dem nicht minder gewaltigen Sprung auf Platz sieben der Weltrangliste trösten.
Roland Garros hat also seine eigene Gesetze: 128 Athletinnen schlagen einen Ball hin und her, und am Ende gewinnt Iga Swiatek. Wie bis vor wenigen Jahren Rafael Nadal bei den Männern.
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