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Gefälligst zurückhalten - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Zuletzt war er dann auch noch das Gesicht von Instagram. Da las Jan Hofer, angekündigt von zwei scheppernden Topfdeckeln, im eigenen Arbeitszimmer und untenrum leger gekleidet, Empfehlungen zum Verhalten im Lockdown. Oder, ironisch lächelnd, Beiträge für „nicht zwingend systemrelevante Instagram-Serien“. Ein prominentes Gesicht samt professionellem Auftritt gehört heute nie allein den Öffentlich-Rechtlichen.

Er aber gehörte in seinen beinahe 36 Jahren als „Tagesschau“-Sprecher eigentlich ins Wohnzimmer. Wenn Jan Hofer zu sprechen begann, rief der Großvater zur Ruhe, ob man nun gerade die Familie nach einer drei Stunden langen Fahrt in Empfang nehmen oder Wichtiges aus dem Ofen hätte retten können: Rund um den Opasessel musste Grabesstille herrschen, Hofer hatte das Wort, und alle wussten, wo sie hingehörten.

Auf Kosten der Glaubwürdigkeit

Vielleicht lag da der Ursprung des Kults um den Chefsprecher der „Tagesschau“, der sich am Montagabend in den Ruhestand verabschiedet. Für einen Countdown haben Hofer und viele andere im Netz gesorgt (Hashtag #Ehrenjan). In Interviews hat er noch einmal von seinen Anfängen als DJ und Moderator im Saarland erzählt, von der schwierigen Gewöhnung an die Redaktion („Jetzt lassen die schon Konfirmanden hierher“, rief man ihm zu, als er zu seiner ersten Sendung erschien) und an seine wichtigsten beruflichen Momente, die ziemlich akkurat mit den großen politischen Ereignissen der letzten Jahrzehnte übereinstimmen. Am Tag des Mauerfalls sprach Hofer die Nachrichten in den „Tagesthemen“. An die Aufregung erinnert er sich noch genau. Aber: „Derjenige, der vor der Kamera sitzt, hat sich gefälligst zurückzuhalten.“ Auf keinen Fall durften Gestik oder Mimik zu viel verraten, das ginge auf Kosten der Glaubwürdigkeit – auch der Sendung.

Das Design des Studios hat sich mit den Jahren verändert, Hofers Kleidungsstil, seine Frisur – ein wenig. Es gab kleine Eklats wegen der Farbe von Krawatten und ihrer Symbolik, kleine Herausforderungen bei der Aussprache isländischer Vulkane. Ein heute sehr amtlich klingendes Deutsch wurde zu einer etwas zugänglicheren Nachrichtensprache. An Hofers Seriosität hat all das nichts geändert, und es liegt wohl auch an seinem spitzbübischen Lächeln, dass er, wie er im Hessischen Rundfunk berichtete, kaum ohne Selfie-Überfälle auf die Straße kann. Schon mehren sich die Befürchtungen von Medienforschern, es gehe jetzt den Bach hinab mit den Nachrichten: viel Meinung, wenig Information. Hofer muss das nicht mehr belasten. Er hat neue Aufgaben angekündigt. „Doch davon später mehr.“

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