"Das sieht man selten", kommentierte Eurosport-Experte Jens Voigt: 102 Kilometer vor dem Ziel fuhr Vingegaard dem Peloton hinterher. Im Gepäck hatte der zweimalige Sieger der Frankreich-Rundfahrt Trinkflaschen für sein Team. Auf seinem Weg nach vorne sammelte er seinen Jumbo-Teamkollegen Sepp Kuss auf und fuhr Seite an Seite mit dem Mann im Roten Trikot zurück an die Spitze.
Der US-Amerikaner schnappte sich dabei eine Flasche aus dem Rücken von Wasserholer Vingegaard. "Es ist wirklich toll", scherzte Kuss im Interview mit Eurosport nach der Etappe über die verdrehte Rollenverteilung. Jens Voigt geriet bei der "schönen Momentaufnahme" ins Schwärmen: "Der amtierende Tour-Gewinner, einer der besten Rennfahrer seiner Generation, steckt sich vollkommen uneigennützig Trinkflaschen ein und fährt sie nach vorne. Ich liebe Radsport."
Bisher war Kuss den beiden Superstars Primoz Roglic und Vingegaard stets als Edelhelfer unterstellt. Im zurückliegenden Juli führte er den Dänen zu seinem zweiten Tour-Erfolg in Serie. Auch zur Spanien-Rundfahrt sollte er der Jumbo-Star-Doppelspitze dabei unter die Arme greifen, Titelverteidiger Remco Evenepoel zu stürzen.
Kuss macht Duo zum Trio
/origin-imgresizer.eurosport.com/2023/09/07/3780275-76895428-2560-1440.png)
Highlights: Roglic macht in Groves' Schatten Boden gut
"Mein Radio funktionierte nicht", so Vingegaard, der sich daher zum Teamwagen fallen ließ - und dann auf dem Weg zurück Trinkflaschen einpackte. Dennoch: Die Szene 102 Kilometer vor dem Ziel in Saragossa hatte einen gewissen Symbolcharakter.
Spätestens seit dem Zeitfahren in Valladolid, als Kuss überraschend nur 53 Sekunden auf Roglic und elf Sekunden auf Vingegaard einbüßte, entwickelte sich die Jumbo-Doppel- nämlich zur Dreierspitze. "Sepp bekommt zunehmend das Gefühl, dass es möglich ist" die Vuelta zu gewinnen, ließ Teamkollege Robert Gesink vor Etappenstart das neue Selbstvertrauen des Leaders durchblicken: "Der Schlüssel ist, dass er dabei entspannt bleibt."
Trio mit Konfliktpotenzial?
Noch bekommt Kuss dabei Unterstützung von den beiden Granden im niederländischen Team. "Jonas und Primoz haben mir im Rennen sehr viele Ratschläge und Selbstbewusstsein gegeben", bedankte sich der Gesamtführende und betonte die Geschlossenheit im Rennstall. "Es ist schön, dass sie auch an mich glauben", erklärte er, schob aber vielsagend nach: "In bestimmten Zeiten."
/origin-imgresizer.eurosport.com/2023/09/07/3780315-76896233-2560-1440.jpg)
Wasserträger Vingegaard? Kuss: "Wir sind alle füreinander da"
Doch besonders die neue und unerwartete Rolle könnte für Kuss zum Problem werden, wie Voigt im Live-Kommentar erläuterte. "Er ist sehr stark, aber er kam als Helfer. Das ist eine vollkommen andere Grundeinstellung als bei Roglic, ein anderes Mindset. Das kann man nicht so einfach umstellen", erklärte der 51-Jährige: "Ich glaube, dass Roglic der alleinige Kapitän ist, egal, was die anderen sagen."
Roglic setzt Duftmarke vor Saragossa
Trügt die Einigkeit bei Jumbo also? Insbesondere der dreimalige Vuelta-Gewinner Roglic, der bei der Tour Vingegaard den Vortritt ließ und im zurückliegenden Jahr die Spanien-Rundfahrt nach einem Sturz aufgeben musste, hat den Gesamtsieg fest im Blick.
/origin-imgresizer.eurosport.com/2023/09/04/3778620-76862328-2560-1440.jpg)
Sepp Kuss führt die Gesamtwertung bei der Vuelta 2023 an
Fotocredit: Getty Images
Eine erste Duftmarke setzte der Slowene 18,7 Kilometer vor dem Ziel in Saragossa. Im Zwischensprint klemmte er sich an das Hinterrad von Sprint-Star Kaden Groves und sammelte als Zweiter vier Bonussekunden in der Gesamtwertung.
Kein erheblicher Zeitgewinn, aber vor allen Dingen ein deutlicher Fingerzeig - sowohl in Richtung Evenepoel, aber auch in Richtung seines Teamkollegen. "Es ist schön, etwas Zeit zu gewinnen", sagte der 33-Jährige und legte offen, dass die Attacke nicht Teil der Jumbo-Planungen gewesen sei: "Aber dann war ich da. Wir werden sehen, wie wichtig das ist."
Einigkeit im Kampf gegen Evenepoel
Kuss freute sich trotz des Zeitverlustes mit seinem Teamkollegen: "Es tut nie weh, es zu probieren." Ohnehin war der US-Amerikaner bemüht zu betonen, dass im Team Einigkeit herrscht. "Wir sind alle da füreinander. Das ist das Wichtigste", sagte Kuss.
/origin-imgresizer.eurosport.com/2023/09/07/3780292-76895773-2560-1440.jpg)
Roglic: Attacke im Zwischensprint "war nicht der Plan"
Gerade, weil sich sowohl mit Remco Evenepoel (Soudal Quick-Step) als auch dem UAE-Trio aus Marc Soler, Juan Ayuso und Joao Almeida die Konkurrenz in der Gesamtwertung mindestens in Schlagdistanz befindet.
Doch das Jumbo-Trio thront derzeit auf den Rängen eins, vier und sieben - und hat damit einen entscheidenden Vorteil: "Egal, wer von den dreien durchkommt, Jumbo steht stets als Sieger da", hatte Voigt im Interview am Montag erklärt.
Vingegaard zurück am Tourmalet
Den ersten Versuch auf das nächste Ausrufezeichen könnte das niederländische Team am Freitag setzen. Zum Start in drei schwere Etappen startet das Peloton auf der Königsetappe der Vuelta 2023 zum berüchtigten Col du Tourmalet. "Morgen werden größere Distanzen entstehen", deutete Kuss an und legte erneut den Fokus auf das Teamgefüge: "Wir haben immer noch die drei von uns da oben."
Der "degradierte" Edelhelfer Vingegaard, der als einziger Fahrer aus dem Jumbo-Trio bis dato kein Teilstück für sich entscheiden konnte und in der Gesamtwertung mit 2:22 Minuten zurückliegt, rückte in den vergangenen Tagen zwischen Kuss und Roglic beinahe schon in den Hintergrund.
Ausgerechnet am Tourmalet eroberte Vingegaard aber vor einigen Wochen noch das Gelbe Trikot bei der Tour de France - und legte es bis zu den Champs-Elysees nicht mehr ab. Gut möglich, dass der Däne am Freitag seine erste echte Attacke bei der Spanien-Rundfahrt setzt.
Als Wasserträger wird Vingegaard in den Pyrenäen wohl kaum auftreten.
https://ift.tt/uvJIiA8
Sport
Bagikan Berita Ini
0 Response to "Vuelta 2023 - Vingegaard neben Kuss und Roglic zum Wasserträger "degradiert": Symbolbild für Jumbos neue Hierachie? - Eurosport DE"
Post a Comment